Wenn Wassermelonen aus dem Wienerwald vor der Mülldeponie gerettet werden, dann stecken Cornelia und Andreas Diesenreiter dahinter. Das Wiener Geschwisterpaar kauft unter seinem Label “Unverschwendet” überschüssiges Obst und Gemüse, kocht es ein und gibt ihm damit ein zweites Leben – im Glas.

Auf Tauchgang im Abfall

Cornelia Diesenreiter ist mit Maske und Sicherheitshandschuhen ausgestattet. Noch lange vor Corona. Denn sie steht in 1,5 Tonnen Restmüll. Cornelia forscht im Abfall für ein Projekt im Zuge ihres Studiums an der Boku: Restmüllanalyse. Stück für Stück zerlegen die Student*innen den Müll in seine Einzelteile. Am Ende bleiben von dem vermeintlichen Restmüll 400 Kilo Lebensmittel über. Vier. Hundert. Kilo. 

Das geht Cornelia nahe. So nahe, dass sie nicht nur ihre Masterarbeit über “Lebensmittelabfallvermeidung” schreibt, sondern auch nach dem Studium in diesem Bereich nach einem Job sucht. In Österreich findet sie dazu: nichts.

Wenn der Müllberg nicht zum Propheten kommt 

Laut Schätzungen des WWF landen in Österreich jedes Jahr 577.000.000 Kilo genießbare Lebensmittel im Müll. So viel, wie ganz Kärnten in einem Jahr isst. Rund 30% davon fallen bereits in der Landwirtschaft an. Cornelia gründet nach dem Studium und neben dem Brotjob zunächst einen Verein, kocht das gerettete Obst und Gemüse selber ein. Die Rezepte stammen von der Oma. 

Es häufen sich die Anrufe der Bäuer*innen mit Angeboten wie: “Du, ich hätte da zwei Tonnen Tomaten.” Cornelia wird klar, es geht nicht mehr so irgendwie und nebenbei. Sie geht All-in und gründet 2015 mit ihrem Bruder “Unverschwendet”. Andreas kommt aus dem Bereich Marketing und Design und verpasst dem Projekt das passende Gewand: “Es war wichtig, dass das Design nicht nur das typische 08/15 Öko-Design ist. Sondern dass man wirklich merkt: Das ist mit viel Liebe gemacht. Das Logo ist eine Frucht, die wie ein Geschenk eingepackt ist.” 

It’s a match

Zu dick, zu dünn, zu hässlich, zu früh reif oder zu spät. Mit diesen und anderen Vorwürfen muss sich das Obst und Gemüse der Landwirte herumschlagen. Wenn im Oktober im Wienerwald die Wassermelonen geerntet werden, haben die Badegäste schon längst ihr Handtuch eingepackt und mit ihm ihr Verlangen nach Melonen. Erntezeitpunkt und Nachfrage im Supermarkt passen nicht zusammen, die Früchte bleiben über und werden weggeschmissen. 

Und hier betreten Cornelia und Andreas den Acker. Sie kaufen die vermeintlichen Abfälle der Landwirtschaft auf, kochen sie ein und geben ihnen im Glas einen Platz in den Regalen der Supermärkte. Eingepackt wie ein Geschenk. 

Die Wassermelonen werden zu einem Wassermelone-Pfeffer Sirup. Im Sortiment ist gerade auch Zwetschke-Holunder-Marmelade, Apfel-Thymian-Chutney, Tomaten Bruschetta. Je nach Saison, je nach Angebot am Überschuss-Markt. 

Bis heute haben die Geschwister Diesenreiter mit Unverschwendet über 150.000.000 Kilo Obst und Gemüse aus dem Marchfeld, der Wachau, dem Burgenland gerettet. Für Cornelia noch nicht genug: “Alleine aus dem Großraum Wien sind uns schon 10 Millionen Kilo angeboten worden. Es gibt sehr viel zu tun, wir müssen dringend wachsen.” Sie arbeitet schon daran, ist gerade dabei eine Plattform aufzubauen, frische Ware an Gastro und Lebensmittelindustrie vermitteln. “Das Ziel ist wirklich, einfach so viel Obst und Gemüse wie möglich zu retten.”

Standort

Standort auf Google Maps öffnen

Adresse

Schwendermarkt, Stand 18

1150 Wien

Öffnungszeiten

DI - FR: 15:00 - 18:00
SA: 08:00 - 12:00
Der Onlineshop ist rund um die Uhr geöffnet!

Das ist ja mal ein Blödsinn. Aber dieses und ähnliches Unwissen über Kaffee musste sich Michael Prem anhören – und das in einer Kaffee-Stadt wie Wien. Man stelle sich das vor! Bis er selber Kaffeeröster wurde und die Sache mit prem frischkaffee anders anging.

Auf Kaffeefahrt

2015. In der tropischen Hitze des Amazonas geht Michael Prem im dichten Kaffee-Feld, findet aber vor lauter Grün fast die Kaffee-Stauden nicht. Er ist im gemischten Garten der Kooperative Sachakuri/Rukullaktamit in Ecuador. Über hundert unterschiedliche Pflanzenarten wachsen hier auf einem Hektar. Der Kaffee ist eine unter vielen, wächst zwischen Kakao und Yucca. Dank der Mischkultur müssen die Bauern hier keine Dünger oder Pestizide einsetzten.

Wachmacher

“Ich war einfach fasziniert, dass ein Produkt, das nicht hier wächst, dass wir uns darüber so wenig Gedanken gemacht haben.” Das möchte Michael ändern und gründet vor fünf Jahren seine eigene Kaffeerösterei prem frischkaffee.

Michaels Besuch bei den Kaffeebauern organisiert Quijote Kaffee aus Hamburg. Der große deutsche Bruder quasi, über den er seinen Kaffee bezieht – und zwar direkt. “Direct trade” nennt sich das Konzept. Es bedeutet, dass Kaffeeröster wie Michael das Importrisiko mittragen. Sechs Monate vor der Ernte zahlt er 60% an die Kooperativen. Nach der Ernte folgt der Rest, auch hier liegt er über dem Durchschnitt.

Es zahlt sich aus

Am Weltmarkt kostet ein Pfund Kaffee circa 1,24 US-Dollar, Faitrade-Kaffee mindestens 1,4 US-Dollar. Prem frischkaffee zahlt für den Kaffee aus Ecuador 3,4 US-Dollar. Das entspricht 274% des Weltmarktpreises. Das ist nicht nur für die Umwelt gut, auch die Bauern der basisdemokratisch organisierten Kooperativen bekommen mehr Geld für soziale Projekte, Schulbildung, Lebensqualität. 

Michael führt auf jeder seiner Kaffeepackungen seinen Einkaufspreis an. Wer also bei ihm Bohnen kauft, erfährt auch, wie viel er für den Kaffee bezahlt hat. Und auch woher er kommt. Aus Italien kommt er jedenfalls nicht. 

Standort

Standort auf Google Maps öffnen

Kommende Termine

Adresse

Biomarkt Langegasse, Langegasse 20

1080 Wien

Öffnungszeiten

SA: 09:00 - 15:00
Der Onlineshop ist rund um die Uhr geöffnet!

Sie ist die mit dem größten Sortiment in ganz Europa und die einzige ihrer Art in Wien: Die Buchhandlung Löwenherz in der Berggasse. Einzigartig macht sie ihr Schwerpunkt auf LGBTI-Literatur.

Alles nicht heterosexuell

Seit 1993 befindet sich die Buchhandlung in der Burggasse 8, 2002 übernehmen sie die Buchhändler Veit Schmidt und Jürgen Ostler. Die “Löwenherzen”, wie sie sich selbst nennen, erweitern das Sortiment nach der Übernahme von 3.500 auf heute über 15.000 Titel. Man findet dort also quasi alles, was es im und abseits des Mainstreams für Schwule, Lesben, bi-, trans- und intersexuelle Menschen zu lesen gibt. Und auch über die Bücher hinaus sind die Löwenherzen mit ihren Veranstaltungen und ihrer Unterstützung der Wiener Regenbogenparade ein Stütz- und Ankerpunkt für gesellschaftspolitisches Engagement in der Stadt. 

Ausgezeichnet

2020 gewinnen die Buchhändler den Österreichischer Buchhandlungspreis. Ihr Können als Buchhändler, aber auch ihr Einsatz für ihre Community werden prämiert. Aus der Begründung der Jury: “So wie gute Literatur per se (auch) politisch ist und etwas Widerständiges in sich trägt, so sind auch gute Buchhandlungen Orte der Aufklärung und der Diversität.”

Kommende Termine

Standort

Standort auf Google Maps öffnen

Adresse

Berggasse 8

1090 Wien

Öffnungszeiten

MO - FR: 10:00 - 19:00
SA: 10:00 - 18:00
Der Onlineshop ist rund um die Uhr geöffnet!

Im dunklen Reich von Franz Triebl riecht es nach Leder, Kleber und Schleifmaschine. Der Schuhmacher verschreibt sich in seiner Werkstatt im 18. Bezirk seit über 30 Jahren der Nachhaltigkeit: Er repariert Schuhe.

Der Fußabdruck der Schuhe

Laut einer Umfrage von Greenpeace (2019) werfen wir Österreicher*innen 60% unserer Schuhe nach nur drei Jahren weg. 11% der Schuhe überleben nicht einmal das erste Jahr. Mit dem CO2-Fußabdruck steht die Herstellung von Sportschuhen auch auf keinem guten Fuß: Sie hinterlässt einen besonders großen, naja, Fußabdruck. Rund 14 Kilo CO2, errechnen Forscher des MIT, fallen pro Laufschuh-Paar an. Das entspricht in etwa einer Autofahrt über 100 Kilometer.

Triebl, der Trendsetter

Zurück in Gersthof in der Werkstatt von Schuster Franz Triebl: “Ich versuche halt zu reparieren, was nur so zum Reparieren ist.” Mit seinem “Sneaker Service” stellt er sich dem Trend zum Wegwerfen entgegen.

Abgerissene Schuhbänder, Loch in der Sohle, abgewetztes Fersenleder – nach einem Spa-Treatment beim Schuhmacher fühlen sich die Schuhe frisch, erholt und Loch-los. Franz empfiehlt übrigens auch eine Innenreinigung. Die Füße schwitzen tagtäglich viel in so einem Schuh und innen reinigen ihn die wenigsten Fußgänger. Böse Zungen nennen Sneaker deshalb “Bazillenkoffer”.

Fifty-Fifty mit der Stadt

Die Kosten für eine Reparatur kann der Meister erst abschätzen, wenn er den Patienten vor sich sieht. Ab € 20 fangen die Preise für ein Sneaker Service an, der Rest errechnet sich je nach Zustand der Schuhe. Die gute Nachricht: Franz Triebl ist mit seiner Werkstatt teil des Wiener Reparaturnetzwerks. Im Jänner 2021 schloss er sich als 100. Mitglied an.

In allen Betrieben des Reparaturnetzwerks (wiederbelebt werden mehr als Schuhe – Handys, Computer, Fahrräder, Uhren, Puppen und und und) kann man den “Reparaturbon” einlösen. Die Stadt übernimmt damit die Hälfte der Kosten (bis maximal € 100, also bei € 200 Reparaturkosten insgesamt). Dafür unter https://mein.wien.gv.at/wienerreparaturbon/#/ registrieren, QR-Code runterladen und ins Geschäft mitnehmen.

Ich repariere, also bin ich

“Die Reparatur ist die Zukunft. Das ist das, was die Leute von mir wollen. Deswegen repariere ich”, und so schleift, klebt und lackiert Franz Triebl täglich in seinem Geschäft und gibt gerne getragenen Schuhen damit eine zweites Leben.

Standort

Standort auf Google Maps öffnen

Adresse

Gersthoferstraße 47

1180 Wien

Öffnungszeiten

MO - FR 7:30 - 18:00