Worum es geht, wie es überhaupt dazu gekommen ist und wo das alles hinführen soll. 

Fragezeichen

In der Obstabteilung im Supermarkt: Die Avocados schauen gut aus und lachen mich an. Ich lächle zurück, denke aber, ihr kommt vom anderen Ende der Welt, bei eurem Anbau fällt extrem viel Wasser an, für eure Felder wird Wald gerodet. Also: eigentlich böse, euch zu kaufen. Andererseits. Ich esse eh kein Fleisch, mein CO2-Fußabdruck bleibt unterm Strich eh im Durchschnitt. Und Guacamole ist einfach das Beste!

Dasselbe Hin und Her im Kopf beim Einkaufen in der Margaretenstraße, ich flirte mit einer Jean in der Auslage. Meine alte Hose ist am Knie aufgerissen, ich brauche eine neue. Brauche ich eine neue? Wirklich? Kann ich das Loch nicht nähen? Ja gut, könnte ich, aber die Jean hier ist ja fair produziert.

Rufzeichen

Ein Schild für eine Flohmarkt-Warenannahme und eine zufällige Begegnung holen mich letzten Winter aus diesem Loch. Mit meinen Säcken voll aussortiertem Gewand stehe ich im Schnee vor dem Schild, am Eingang zum Nachbarschaftszentrum in meinem Wohnhaus. Täglich gehe ich beim Verlassen meiner Wohnung an der Einrichtung vorbei, nie ist es mir eingefallen, hineinzugehen. An diesem Tag gebe ich mir mit meiner alten Kleidung also einen Ruck. Und bin drinnen. 

Die Leiterin begrüßt mich unerwartet begeistert, freut sich über meine kleine Kleiderspende. Ich bleibe, wir reden. Ich erfahre von ihr, dass die Einnahmen der Flohmarkt-Verkäufe an die Besucher*innen des Zentrums gehen. Für Kinder und Jugendliche gibt es dort Deutschförderkurse, für Senior*innen Gedächtnistraining und Sport und vieles mehr.

Gerechnet habe ich mit einer unangenehmen Situation, das Gegenteil ist eingetreten. Und das gab die Idee, das gab den Anstoß zu Meet the Citizens. Zu einer Plattform, auf der positive Erfahrungen wie diese gefördert werden, wo Menschen, die Gutes tun, vorgestellt werden. Ob ich jetzt die Avocado kaufen soll oder nicht, beantwortet Meet the Citizens nicht. Noch nicht. Aber hier wird ein Fragezeichen nach dem anderen, sozusagen Satzzeichen für Satzzeichen, in Rufzeichen verwandelt.

Vorhang auf!

Und irgendwo muss man ja einmal anfangen. Gleich vor der Haustüre bietet sich dafür an – also in Wien, meiner Heimatstadt. Denn auch die lebenswerteste Stadt der Welt ist nicht perfekt. Obdachlosigkeit, Integration, Gleichberechtigung, Rassismus, Nachhaltigkeit und und und. Ich finde, in vielen Bereichen gibt es auch in Wien noch Luft nach oben. Die gute Nachricht: Von Floridsdorf bis Siebenhirten, von Auhof bis Favoriten gibt es viele Menschen, die daran arbeiten, die Welt besser zu machen. Ich nenne sie Bürger*innen – auf englisch citizens – , das klingt nach Verantwortung. Und diese Verantwortung übernehmen diese Citizens! “Meet the Citizens” ist eine Einladung und auch ein Aufruf dazu, diese Bürger*innen kennenzulernen. 

Wer hier portraitiert wird, das unterliegt keinen wissenschaftlichen Kriterien. Die von den hier vorgestellten Citizens behandelten Probleme und Themen sind hell- und dunkelbunt wie Hundertwasser: Umwelt, LGBTI, Entwicklungszusammenarbeit, Gleichberechtigung, Obdachlosigkeit. You name it. Wichtig ist nur, dass es in ihren Vereinen, Initiativen, (social) Businesses um mehr als nur Geld geht. 

Apropos: Ich habe für die Entwicklung dieses Projekts die Förderung “Medienstart” der Wiener Wirtschaftsagentur bekommen. Ohne diese Förderung wäre das Projekt nicht möglich gewesen. Um es am Leben zu erhalten, hoffe ich einerseits auf finanzielle Unterstützung der Community (ja, das bist du!) und andererseits auf zahlungskräftige “Paten” aus der Wirtschaft für die “citizens”. Sie helfen dadurch, Geld von oben nach unten zu verteilen.

Mission Weltrettung. 

Eines Tages soll Meet the Citizens auf der ganzen Welt zu einer Art Airbnb, nur eben für die guten Dinge, werden. Dass man sowohl in seiner Heimatstadt als auch auf Reisen eine verlässliche Quelle für spannende, nachhaltige Projekte und Menschen hat. Ach ja, und die Sache mit den Avocados, die sollte auch noch von irgendjemandem beantwortet werden. 

“Hey Brain, was wollen wir denn heute Abend machen?”

“Genau dasselbe, wie jeden Abend Pinky. Wir versuchen, die Weltrettung an uns zu reißen.“

Dieses Projekt wird gefördert von der Wirtschaftsagentur Wien.